In memoriam: Marny Leifers

Erneut müssen wir eine Stimme der Phantastik zu den Sternen reisen lassen. Wir trauern um unser langjähriges Fördermitglied Marny Leifers, auf die zwei unserer PAN-Mitglieder den folgenden Nachruf verfasst haben.

***

Uns hat die traurige Nachricht erreicht, dass unser langjähriges Fördermitglied Marny Leifers kürzlich verstorben ist.

Wir möchten uns nun so von ihr verabschieden, wie sie es gemocht hätte.

Liebe Marny,

mit dem Erwachen des Frühlings erreichte uns die traurige Nachricht, dass du dich auf eine Reise gemacht hast, auf die wir dich nicht begleiten können. Zu unserem Trost trug der Wind Stimmen und Szenen aus jenen Welten zu uns, die du immer so sehr geliebt hast.

Ollowain reiste allein in den eisigen Weiten der Snaiwamark, als ihn die letzte Kunde von dir erreichte. Und er raunte in den Wind: »In Zeiten, in denen weiße Ritter selten geworden sind, sind Menschen wie du unersetzlich, Marny. Dein Glaube an mich, hat mich lebendig sein lassen. Ich werde an deiner Seite sein, wenn du ins Mondlicht gehst.«

Der Ostwind umwirbelte Ollowain, um ihm für die Worte zu danken, ehe er weiterwehte, in eine andere Welt, wo seine luftigen Finger den Nordwind streiften, der hier von tiefer Kälte durchdrungen war. Er hörte die Kunde, die sein Bruder aus dem Osten ihm brachte und stürmte mit einem Heulen weiter.

Der eisige Wind wehte über den Gletscher und sang ein trauriges Lied. Ascheherz wandte das mächtige Haupt den Sternen zu und der Ro ´Ar wusste, dass eine schimmernde Seele zu den Ahnen unterwegs war. Der blaue Wirbel in seinem Fell formte eine uralte Rune.  »Heute lassen wir dich gehen, Marny. Bei den Raben, Du warst eine begnadete Geschichtenlauscherin und wirst nun fehlen auf dieser Seite des Himmels. Ich wünsche dir eine gute Reise.«

Der Nordwind nahm die Worte auf, umwirbelte Ascheherz noch einmal und ließ ihn dort auf dem Gletscher zurück, wehte weiter und weiter fort, bis er auf den Westwind traf, abermals an der Grenze zu einer anderen Welt, die Menschen aus Buchstaben und Fantasie gebaut hatten.

Heulend und brausend gab er die Worte weiter, und der Westwind nahm sie mit sich, trug sie tief in einen Wald, dessen Blätter in allen Farben des Septembers leuchteten.

Mit seinem Wehen weckte er ein Wesen, das aus nichts als Blättern bestand und in dieser Welt Laubdrache genannt wurde. Seine Blätterschuppen erzählten Geschichten und sammelten sie, und nun brachte ihm der Nordwind eine weitere.

Raschelnd hob der Laubdrache den Kopf. »Du wirst immer im Herz der Herbstlande leben, Marny. Deine Geschichte wird hier nie vergehen; Generationen von Laubdrachen werden sie weiter tragen, Blätter sie von den Bäumen wispern. Von Marny, der Zinnobergeborenen, deren Herz für Geschichten schlug.«

Damit verneigte der Laubdrache sein Haupt vor dem Westwind und rief mit einem Wirbeln seines Körpers den Südwind herbei, der zurück in die Welt der Menschen wirbelte, damit jene Worte auch dort gehört werden konnten.

Liebe Marny, wir möchten dir danken – für deine Liebe zu phantastischen Geschichten, für deine klugen Rezensionen und deine Unterstützung. Wir wissen, dass du nie eine Freundin davon warst, dass viel Aufhebens um dich gemacht wurde und dass du dir nie hast vorstellen können, wie wertvoll du vielen Autor*innen warst. Sei dir sicher: Du warst es.

Wir werden dich vermissen.

(Foto-Credit: Divina Michaelis)