Happy Indie Author Day DE! Drei Selfpublishing-Profis im Interview

Heute findet der Indie Author Day DE statt, der deutschsprachige Ableger zum Internationalen Indie Author Day. Um unsere Selfpublishing-Mitglieder zu feiern und zu unterstützen, durften wir drei Profis in unseren Reihen interviewen. An dieser Stelle bedanken wir uns herzlich bei Meara Finnegan, die die folgenden Interviews zusammengestellt hat.

Sabrina Schuh

Neben ihrer Tätigkeit als Autorin arbeitet Sabrina Schuh als Autorencoach, Lektorin, Moderatorin, Streamerin und stellt handgefertigten Buchmerchandise her. Gemeinsam mit Mary Cronos hat sie Fakriro ins Leben gerufen, um Selfpublishern auf der Frankfurter Buchmesse eine Bühne zu bieten. Dieses Unternehmen hat sich inzwischen um etliche Dienstleistungen wie beispielsweise eine Vertriebsoption und Fachpodcasts erweitert.
Sabrinas Romane sind in den Genres Young/New Adult, Fantasy und zeitgenössische Literatur angesiedelt und sprechen sehr oft gesellschaftliche Tabuthemen wie Depressionen, Mobbing, Obdachlosigkeit altersgerecht an. Aber auch Literatur zum Davonträumen ist dabei, wie ihre nächste Veröffentlichung „Schneeflockenlaub“, ein selbstgeschriebenes Märchen für Jung und Alt. Außerdem bringt Sabrina gemeinsam mit Mary Cronos im Herbst zwei Fakriro-Adventskalenderanthologien heraus, welche den Lesenden eine traumhaft schöne Weihnachtszeit bescheren werden. Zum IndieAuthorDay hat sie uns ein paar Fragen beantwortet.

Meara Finnegan (MF): Manche Schreibende empfehlen viele einzelne Überarbeitungsschritte und redigieren ihr Manuskript bis zu 10 Mal. Woran erkennt man, dass der Text veröffentlichungsreif ist?

Sabrina Schuh (SS): Das ist eine knifflige Frage und ich muss sagen, dass ein Blick von außen bei dieser Entscheidung Wunder bewirken kann. Man tut sich selbst oft schwer mit dem Absprung, will hier und da und dort noch etwas verbessern, weil man sich nicht von dem Skript trennen kann. Letztlich sind es irgendwann aber nur noch Formulierungen, die man verschiebt oder Dinge, die eigentlich schon gut waren und die dann sogar verschlimmbessert werden.
Dieses Extrem kann allerdings auch in die andere Richtung gehen, sodass man denkt, alles ist logisch und gut erklärt, aber tatsächlich ist es für Außenstehende noch nicht greifbar.
Daher kann ich nur zu Testlesenden und Lektorat raten, um Rückmeldungen von außerhalb des eigenen Kopfes zu bekommen und dadurch eine fundierte Veröffentlichungsentscheidung treffen zu können.

Was ist der häufigste Fehler, der dir als Lektorin begegnet?
SS: Wenn man alle Skripte berücksichtigt, ist der häufigste Fehler, der mir unterkommt, der „Erklärbär“. Das bedeutet, die schreibende Person baut Informationen nicht fließend in die Handlung ein, sondern schreibt wahre Abhandlungen darüber, wie Dinge aussehen, wieso sie funktionieren, oder auf welche Art etwas funktioniert. Allerdings sollte sich von meiner Antwort jetzt auch niemand verunsichern lassen, denn tatsächlich sind die Stärken und Schwächen so verschieden wie die Autor*innen hinter den Manuskripten.

 

Welchen Tipp hast du für Schreibende, die das erste Mal SP versuchen möchten?

SS: Das ist in der Tat eine schwere Frage, denn DEN Tipp gibt es nicht. Vielmehr ist es eine Reihe von Tipps, die gemeinsam ein großes Ganzes ergeben. Da aber Vorschläge wie Testleser*innen und ein professionelles Lektorat für egal welche Veröffentlichungsart gelten, möchte ich hier besonders dazu raten, sich gut zu vernetzen. Gegenseitige Hilfe und Unterstützung ist so viel Wert und erleichtert den Einstieg sehr, schließlich hat man keinen Verlag, der hinter einem steht und einem den Rücken freihält – doch liebe Kolleg*innen können das mindestens genauso gut.

 
Mary Cronos

Neben dem Schreiben arbeitet Mary Cronos als Coach, Coverdesignerin, Illustratorin, Fotografin, Moderatorin und verschafft unabhängigen Autor*innen mehr Sichtbarkeit. Mit Sabrina Schuh gründete sie Anfang 2020 Fakriro, um Selfpublishern eine ansprechende Präsenz auf der Frankfurter Buchmesse zu ermöglichen. Inzwischen haben die beiden ihr Unternehmen um einige weitere Angebote wie beispielsweise einen Impressumservice und eine Onlinebuchhandlung erweitert.
Marys Romane bewegen sich zwischen Phantastik, Mystery und Krimi und erscheinen sowohl im Verlag als auch im Selfpublishing. Im Oktober gibt sie mit Sabrina Schuh gemeinsam zwei Fakriro-Anthologien heraus und veröffentlicht gleichzeitig den dritten Teil ihrer Mystery-Horror-Reihe Spiritus Daemonis, die sie gemeinsam mit ihrem Autorenkollegen Jan Gießmann schreibt.

 

Was ist besser, ein on-demand-Druckanbieter oder Auflagendruck in einer Druckerei?
Mary Cronos (MC): Wie bei den meisten wichtigen Fragen gilt: Das kann man so pauschal nicht sagen. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Es kommt darauf an, was für ein Typ von Autor*in man ist und wie man Werbung machen möchte. In meinem Fall ist Auflagendruck eine gute Entscheidung, denn die Gewinne bei Direktverkäufen sind deutlich höher und ich verkaufe wahnsinnig gern auf Liveevents.

 

Wenn man in einer Druckerei eine kleine Auflage drucken lässt, wie gelangen diese Bücher in den Buchhandel?
MC: Dafür benötigt man zuerst eine ISBN und einen Eintrag im VLB, dem Verzeichnis lieferbarer Bücher. Darüber hinaus empfiehlt sich ein Vertriebspartner, der die Lagerung und Auslieferung über die sog. Barsortimente in den Buchhandel bewerkstelligt. Wie es der Zufall will, haben Sabrina Schuh und ich seit wenigen Tagen genau hierfür unser Fakriro-Angebot erweitert. Ein Weg führt nun also über Fakriro Impera.

Sind Conventions und Präsenzlesungen dort wirklich so wichtig, um neue Leser*innen zu finden? Oder bietet im Indie-Bereich nicht der digitale Zugang mehr Reichweite?
MC: Auch hier gilt: Das kommt ganz darauf an, was für ein Typ man ist. Ich liebe meine Livestreaming-Formate auf Twitch und die Community dort. Aber mir würde das auf lange Sicht nicht reichen. Ich genieße Realevents zu sehr und dementsprechend kann ich sie auch sehr aktiv für Werbung und Verkauf nutzen. Für beide Wege – online und offline – ist ein gewisser Grad an Extrovertiertheit von Vorteil. In meinen Augen lohnt sich aber für beides immer der Versuch.

Janna Ruth

Janna Ruth veröffentlicht seit 2017 Fantasybücher und gewann kurz danach mit „Im Bann der zertanzten Schuhe“ auf der Leipziger Buchmesse 2018 den Phantastikpreis Seraph in der Kategorie Bester Independent-Titel. Heute lebt sie in Neuseeland und veröffentlicht in englischer und deutscher Sprache als Hybridautorin (Verlage und Selfpublishing). Neben ihrer Autorentätigkeit arbeitet sie als Übersetzerin und Lektorin. Außerdem steht die studierte Geologin Fantasyautor*innen bei der Zeichnung von Karten und der geologisch korrekten Entwicklung der Fantasywelt zur Seite. Umweltbewusstsein und seelische Krankheiten und Nöte spielen eine wichtige Rolle in ihren Romanen.

Mehr Informationen über Janna und ihre Bücher finden sich auf ihrer Website.
Als nächstes erscheint von ihr A River of Magic (Ashuan Greed 2) im Selfpublishing.

 

Was hältst du von KDP Select? Würdest du raten, das Ebook eines Erstlingswerkes dort anzumelden?

Janna Ruth (JR): Man kann von Amazon als Arbeitgeber oder Konzern halten, was man will, beim Self-Publishing gibt es allerdings kaum einen Weg an ihnen vorbei. Ob man sich aber bei KDP Select, also Kindle Unlimited, anmelden möchte, muss jeder selbst entscheiden. Im Englischen entscheidet man quasi zwischen KU und Wide, beides hat seine Vorteile. Viele Autor*innen beziehen bis zu 70% aus KU-Einnahmen. Entscheidet man sich gegen diese Exklusivität, fallen diese Einnahmen zwar weg, dafür wird das Buch aber einer breiteren Masse zugänglich. Das bedeutet allerdings auch, dass man das Buch auf mehreren Kanälen bewerben muss/kann.

Für Neulinge würde ich tatsächlich KDP Select empfehlen, weil man sich so erst mal auf eine Plattform konzentrieren kann. Wenn man dann etwas mehr vom Markt versteht und sich sicherer fühlt, kann man dann auch leicht zu den anderen Anbietern wechseln.

Was hältst du von Gratis-Aktionen für Ebooks? Unter welchen Umständen sollte man das machen, wann vermeiden?

JR: Gratis-Aktionen sind ein valides Marketingtool, gerade für Serien, wenn man also zum Beispiel zur Erscheinung von Band 2 den ersten Band ein paar Tage kostenlos schaltet, um so die Sichtbarkeit für die Serie zu erhöhen. Generell können Gratisaktion ein Buch boosten, dass in den Rängen schon zu tief gesunken ist. Im Englischen und möglicherweise auch im Deutschen (von einem weiß ich), gibt es zudem Newsletter-Promotionen, bei denen Gratis- und Angebotsbücher an ein großes Publikum versendet werden. Das lohnt sich dann in Kombination.

Abraten würde ich davon, ein Buch permanent gratis oder als 0.99 Buch anzubieten (es sei denn es handelt sich um Band 1 einer langen Serie), so entwickeln sich nur Dumpingpreise, die allen Autor*innen schaden. Zudem trauen viele Leser*innen 0.99-Büchern keine Qualität mehr zu.

Bei jedem Subgenre / Schreibenden funktionieren unterschiedliche Dinge, um die Leser zu erreichen. Welche würdest du empfehlen, als Erstes auszuprobieren?

JR: Aktuell würde ich empfehlen, sich auf BookTok umzusehen. Das ist im Moment die verkaufsstärkste Plattform, die (noch) kein Geld kostet (also nicht Werbung auf TikTok schalten, sondern wirklich in BookTok aktiv sein).

Mein nächster Tipp lautet, sich an die zahlreichen Blogger*innen in Deutschland zu wenden. Aber Vorsicht, hier bloß keine Standardemail an alle versenden, sondern sich mit den jeweiligen Blogs auseinandersetzen und Kontakte schließen. Einige meiner besten Freund*innen sind Blogger*innen und helfen auch immer mit Aktionen und Bekanntmachungen.

Schlussendlich etwas, was ich mir wünschte, deutlich früher gesagt bekommen zu haben und das ist, über AMS Werbung auf Amazon schalten (oder alternativ im Facebook Ad Centre auf Facebook, nicht verwechseln mit Post boosten). Dies kostet zwar Geld, und auf Facebook kann man einiges dabei verlieren, ist aber auf lange Frist die erfolgreichste Marketingmaßnahme.