Als Birgit arbeitet sie als freie Mitarbeiterin beim Verlag Ohneohren. Als Britta Redweik schreibt sie selbst.
Birgit wurde in eine Familie der Geschichtenerzählerinnen geboren. Wurde ihr als Kind noch erzählt, wie die Gummibärchen an Board der Enterprise kamen, hat sie sich als Erwachsene selbst erst daran gemacht, den Menschen zu studieren, um ihn besser zu verstehen. Nachdem sie dank ihrem Soziologiestudium aber gelernt hat, dass die Realität einfach nicht magisch genug ist, zieht sie sich jetzt lieber in die Welt in ihrem Kopf zurück und nimmt gerne mal Lesende auf diese Reise mit. Sie hat bisher die Biografie „Unter drei Augen“ herausgebracht, zudem erschienen 2022 von ihr sowohl ein Sachtext in einem Projekt, das Lehrmaterialien zu Diversität für Schülerinnen der 8. und 9. Klasse bereitstellt, als auch Kurzgeschichten in den Anthologien „Hic Sunt Dracones“ und „Body Enhancements“. Kostenlos auf ihrer Website steht zusätzlich die 2022 geschriebene Weihnachtsnovelle „Fast wie im Weihnachtsfilm“ zum Download zur Verfügung. Außerdem bietet sie Sensitivity Reading an.
Website: https://brittaredweik.de/
Twitter (Autorinnenprofil): https://twitter.com/britta_redweik
Twitter (privat): https://twitter.com/zwiebelbaguette
Zu Sensitivity Reading: „Sensitivity Reading“ ist ein optionaler Teil des Überarbeitungsvorganges von literarischen Manuskripten, bei denen die Schreibenden von Menschen mit Expertise in bestimmten Bereichen unterstützt werden. Ziel ist es, Schreibende auf problematische Aspekte und Mikroaggressionen in ihren Texten aufmerksam zu machen. Dadurch soll ein besserer Umgang mit sensiblen Themen wie z.B. Ausgrenzung, das Erleben von Gewalterfahrungen, Behinderung, Rassismus / Kolonialismus u.a. ermöglicht werden. Es kann also sowohl die gemeinsame Arbeit an Plotpunkten als auch Textarbeit bedeuten. Gute Sensitivity Reader*innen bringen jedoch nicht nur ihre eigene Perspektive ein, sondern informieren sich stetig über den aktuellen Diskurs zu ihren Themen und deren literarischer Umsetzung. Eine gute erste Anlaufstelle und weitere Informationen bietet u.a. die Website sensitivity-reading.de.
3 Fragen an Birgit/Britta Redweik
Ein Interview von Meara Finnegan
Wird Sensitivity Reading für Kurzgeschichten inzwischen öfter angefragt / gemacht?
Das kann ich leider gar nicht so beantworten. Ich arbeite halt generell mit in dem Verlag, in dem ich SR beigesteuert habe, da war das ein Abwasch. Und ich glaube, Ingrid [Pointecker vom Verlag Ohneohren, Anm.] war es damals auch wichtig, mich rechtzeitig mit ins Team zu holen, damit ich gerade die Antho mit expliziter Behindertenthematik auch diesbezüglich durchforsten kann. Ansonsten wurde ich selbst nur für zwei größere Projekte angefragt und das noch damals auf der Austauschebene, bevor ich mich selbstständig gemacht habe.
Stellen Kurzgeschichten einen vor besondere Herausforderungen beim Sensitivity Reading?
Puh, ja und nein. Also, es ist weniger Zeit gegeben, Charaktere vorzustellen und ihre Marginalisierung groß ausgearbeitet zu zeigen. Aber damit ist auch weniger Zeit und Platz gegeben, wirklich herbe Klopper einzubauen. Eventuell ist eine Kurzgeschichte sogar gerade von Vorteil. Selbst, wenn heftige Verletzungen im Text sind, die man finden, anmerken und Tipps zur Vermeidung geben kann, ist doch schnell ein Ende in Sicht. Das lässt einen im Zweifelsfall eher durchhalten? Aber zum Glück bin ich bisher noch nicht auf allzu schlimme KGs gestoßen – beziehungsweise die richtig schlimmen waren noch beim Auswahllesen für eine Antho und kamen nicht ins Buch.
Welchen Tipp hast Du für Autor*innen, um sich in andere Perspektiven zu versetzen und zumindest einen Teil von verletzenden Plotpunkten oder Formulierungen bei der Überarbeitung selbst zu erkennen?
Folgt halt erstmal Betroffenen. Hört ihnen zu. Dann lernt ihr schnell, welche Mikroaggressionen, welche Worte ihnen besonders weh tun. Lest auch mal die Antworten auf ihre Beiträge und seht, wie sehr sie teilweise angefeindet werden und auf welche Art. All das könnt ihr dann auf die Liste der Sachen schreiben, die ihr vermeiden solltet. Aber wirklich IN eine Person, in eine marginalisierte Perspektive hineinversetzen, könnt ihr schlicht nicht, wenn ihr nicht betroffen seid. Das ist nicht eure Schuld, ihr könnt halt einfach nicht die Gesamtheit einer Lebensrealität mit all den Kleinigkeiten, die für Betroffene normal sind und ihnen gar nicht weiter auffallen, erfassen und überblicken. Da tun wir Betroffenen uns ja selbst schon mit schwer, weil es eben so viele Facetten gibt, die nie alle gleichzeitig präsent im Bewusstsein sein können.