PAN Stipendium: Interviews mit den Gewinner*innen aus 2022

 

Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse werden wir die diesjährigen Gewinner*innen des PAN-Stipendiums küren und bald bekommt ihr auch die Shortlist. Um die Wartezeit bis dahin zu verkürzen, haben wir den Vorjahressiegerinnen ein paar Fragen zu ihren Erfahrungen gestellt.  

In der Kategorie Kinder- und Jugendbuch gewann 2022 Sarah M. Kempen. Sie stammt aus Hamburg und schreibt Geschichten für Kinder und die, die es noch werden wollen. Die erzählt sie mit Romanen, hauptsächlich aber in Form von Drehbüchern für Zeichentrickserien und Kinofilme. Viele der Geschichten haben einen phantastischen Einschlag.

Die Kategorie Roman wurde 2022 von Stefanie Zurek gewonnen. Unter dem Pseudonym Romy Wolf veröffentlicht sie seit 2014 unter dem Pseudonym Romy Wolf phantastische Romane und Kurzgeschichten. Ihr letzter Roman „Der Immerjunge“ erschien 2022 im Drachenmond Verlag.

Das beste Projekt in der Sonderkategorie Krimi reichte 2022 Henriette C. Rigel ein. Sie ist tagsüber Studentin in der Südpfalz mit einem Faible für Pflanzen und Musik. Nachts erschafft sie Welten voller Magie und bringt ihre Charaktere in schwierige Situationen.

In der Kategorie Debüt gewann 2022 Alina Metz. Für sie ist das Schreiben ist schon immer ein wichtiger Teil ihres Lebens gewesen, denn sie liebt es, ihre Vorstellungen in Worte zu kleiden und achtet dabei gerne auf die Sprache, besondere Erzählweisen oder Formulierungen. Außerdem freut sie sich, wenn Leser*innen auch inhaltlich etwas aus ihren Geschichten mitnehmen können.

PAN: Mögt ihr Eure Projekte kurz vorstellen?

Alina Metz (AM): Mein Projekt „Herzhändler“ ist ein düster-romantischer Fantasy-Roman, der das Thema Identität in den Mittelpunkt rückt, also die Fragen „Wer bin ich?“ und „Wer will ich sein?“. Der Protagonist Nemo liest als Wahrsager in den Herzen der Menschen, wobei ihm zwei Dinge helfen: Er kann eine fremde Dimension in Form eines Korridors betreten und besitzt einen Schlüssel, der die Türen darin öffnet. Sie führen in die Herzkammern, mystische Orte, die das wahre Wesen einer Person offenbaren. Nemo selbst will lieber ein Niemand bleiben, doch als grausam zugerichtete Leichen gefunden werden, denen auch in der Realität das Herz fehlt, muss er sich erinnern: an seine Vergangenheit und einen finsteren Schatten, der darin lauert.

PAN: Das klingt ja sehr spannend, und auch ein bisschen nach Krimi – dabei gab es dafür 2022 ja eine eigene Kategorie. Henriette, hier hattest du die Nase vorn. Worum geht es?

Henriette C. Riegel (HCR): Mein aktuelles Projekt „Seelensplitter“ ist ein Jugendbuch mit einem Steampunk-Setting, das an Friesland im späten 19. Jahrhundert angelehnt ist. Auf einem U-Boot werden fünf Passagiere eines Mordes verdächtigt, weil sie es auf die einzigartige Seelenbox abgesehen haben, die der Tote bei sich gehabt haben soll. Widerwillig schließen sie sich zusammen, um das Verbrechen aufzuklären. Doch als eine von ihnen vom Sicherheitspersonal festgenommen wird, müssen sie lernen, sich wirklich zu vertrauen, damit sie gemeinsam als freie Menschen das U-Boot verlassen können.

PAN: Steampunk ist ja auch das Setting in deinem Projekt, Sarah, mit dem du in der Kategorie Kinder- und Jugendbuch gewonnen hast.

Sarah M. Kempen (SMK): Das Projekt lässt sich eigentlich dem Coalpunk zuordnen. Wie Steampunk, nur eine Etage tiefer, bei den Arbeitern. Mein Jugendbuchprojekt „Lichterloh“ spielt in einer Stadt, in der jegliche Energie durch das Verbrennen von Kohle erzeugt wird. Jedes Gerät, von Auto bis Glühbirne, verfügt über einen Kohleofen. Da so die Brandgefahr erhöht ist, gelten die Schornsteinfeger als die Stars der Stadt, weil sie die Menschen vor Bränden beschützen. Durch eine Verkettung von Umständen wird die 15-jährige Cleo aus einer niedrigen Schicht in die Gilde der Schornsteinfeger aufgenommen und muss schnell erkennen, dass in der Stadt nicht alles so toll ist, wie man es der Bevölkerung weismachen will.

PAN: Um die Aufdeckung von Geheimnissen geht es in gewisser Weise auch im Siegtitel der Kategorie Roman. Stefanie, dort hast Du den ersten Platz geholt. Was erwartet deine Lesenden?

Stefanie Zurek (SZ): „Die tausendundzweite Nacht“ ist mein Versuch, einen Roman im Stil von Indiana Jones oder Die Mumie zu schreiben, aber mit einer bunteren Cast und weniger „Fundstücken“ fürs British Museum 🙂 Die Hauptfigur ist ein introvertierter Windmagier, der sich freiwillig meldet, um im Bagdad im Jahre 1923 ein geheimnisvolles Artefakt zu finden. Dabei steht ihm eine ungestüme amerikanische Pilotin zur Seite.

PAN: Mit welchen Erwartungen seid ihr in diesen Wettbewerb gegangen?

SZ: Ehrlich gesagt – mit praktisch keinen. Ich hatte mir für mein Projekt keine Chancen ausgemalt und habe es in erster Linie eingereicht, weil ich es wenigstens versucht haben wollte. In der Kategorie „Roman“ dann tatsächlich zu gewinnen, hätte ich mir im Leben nicht ausgemalt.

AM: Ich hatte mich schon im ersten Jahr für ein Stipendium beworben und mir fest vorgenommen, auch 2022 am Wettbewerb teilzunehmen. Ich habe das Stipendium als Chance gesehen, die ich nutzen wollte, unabhängig davon, ob ich am Ende tatsächlich gewinnen würde.

PAN: Ging es Euch ebenso, Henriette und Sarah?

HCR: Als ich mich beworben habe, stand zuerst die Hoffnung, zu gewinnen im Vordergrund. Das PAN-Stipendium zu gewinnen, ist für mich schon ein enormer Motivationsschub, den ich nutzen konnte, um mein Projekt zu verbessern. Gleichzeitig habe ich mir erhofft, Kontakte zu knüpfen, einen Fuß in die Buchwelt zu setzen und damit erstmals sichtbar zu werden.

SMK: Bei der Einführung der Kategorie „Kinder- und Jugend“ dachte ich mir: Das schnapp ich mir. Trotzdem glaubte ich bei der Bewerbung, dass ich sicher keine Chancen habe. Aber: „Wer es nicht probiert, hat schon verloren“, also habe ich es probiert. Ich versprach mir eine gewisse Sichtbarkeit. Wollte  mir selbst beweisen, dass ich gewinnen kann. Und der Titel „PAN-Stipendiatin“ und eine finanzielle Unterstützung ist natürlich mega.

PAN: Und wie habt ihr euch gefühlt, als ihr von Eurem Sieg erfahren habt?

HCR: Die Nachricht hat sich ein bisschen unwirklich angefühlt. Es war das erste Mal, dass ich mich für einen Wettbewerb beworben habe. Gerade deswegen habe ich nicht damit gerechnet, zu gewinnen. Zu sehen, dass mein Projekt es auf die Shortlist geschafft hat, war bereits ein großes Erfolgserlebnis. Tatsächlich zu gewinnen, war also sehr überwältigend.

AM: Ich habe mich sehr gefreut. Der Sieg war eine tolle Bestätigung für mein Schreiben. Nachdem ich für ein anderes Projekt erst kurz zuvor eine seit Monaten verschleppte Absage von einem Verlag erhalten hatte, obwohl die Zusendung eines Vertrags bereits vereinbart war, hat mir diese Wertschätzung umso mehr bedeutet.

SMK: Ich konnte überhaupt nicht fassen, dass es geklappt hat. Ich mochte mein Projekt und ich fand es auch gut – aber doch nicht so gut! Ich dachte, es sei viel zu abgefahren, zu speziell und nicht greifbar genug. Vielleicht nicht zu fantastisch genug oder zu alt für die Kategorie. Aber ich lag falsch. Da zeigt sich mal wieder, dass man niemals unterschätzen sollte, was andere in einem Projekt sehen. Was für ein tolles Kompliment für die Geschichte.

SZ: Für mich war es schon eine unglaubliche Erfahrung, überhaupt nominiert zu sein. Das Gefühl zu gewinnen, war unbeschreiblich. Ich hatte mich mit einem ungewöhnlichen Stoff beworben, den ich rein für mich geschrieben hatte, um aus einer fiesen Schreibblockade zu klettern. Zu gewinnen gab mir die Bestätigung, dass es okay ist, nischige Stoffe zu schreiben, und dass ich vielleicht handwerklich doch mehr kann, als ich während meiner Schreibblockade dachte.

PAN: Eure Geschichten befanden sich ja in sehr unterschiedlichen Phasen. Was hattet ihr euch für die Zeit des Mentorings vorgenommen?

HCR: Möglichst viel zu lernen und vor allem die zu Zeit genießen!

SMK: Eine Sache: Das Projekt in der ersten Fassung schreiben. Mehr als ein Exposé und die Leseprobe gab es bei der Einreichung nicht. In meinem Alltag sind andere Schreibprojekte oft wichtiger, da es Verträge gibt und sie bezahlt werden. Da ist für so ein Passionsprojekt, bei dem ich nicht weiß, ob ich jemals Geld damit verdiene, wenig Platz und Zeit. Das Stipendium half mir, das Projekt zu priorisieren.

SZ: Ich wollte mein Buch grundlegend überarbeiten und für die Suche nach einem Verlagszuhause aufhübschen.

AM: Da mein Roman bereits fertig geschrieben war, wollte ich mich vor allem dem Thema Veröffentlichung widmen, insbesondere der Suche nach einer Agentur.

PAN: Habt ihr eure Ziele gut erreichen können?

SZ: Ja. Hinzu kam, dass ich nach meinem Gewinn von einer Agentur angeschrieben wurde, die das Projekt vertreten wollte. Das war dann noch der zusätzliche Ansporn. Ich kann stolz verkünden, dass „Die tausendundzweite Nacht“ mittlerweile soweit aufpoliert und fertig ist, dass sie auf Verlagssuche gehen kann.

AM: Leider nein. Allerdings freue ich mich, dass ich inzwischen unabhängig vom Stipendium eine Agentur gefunden habe. Die „Herzhändler“ sind aber noch nirgendwo unter Vertrag, also wenn jemand Interesse hat … 😉

HCR: Mein ursprüngliches Ziel war es, eine erste, solide Version meines Projektes „fertig“ zu schreiben. Ein Problem in der Handlung hat mir leider einen Stein in den Weg gelegt, sodass ich für eine Weile mehr bearbeitet habe als neu zu schreiben. Das ist allerdings genauso Fortschritt für mich, darum bin ich trotzdem sehr zufrieden und hoffe, dass ich dieses Jahr damit fertig werde. Ich bin super glücklich, dass ich meinem Mentor noch E-Mails mit Fragen schicken kann.

SMK: Fast. Ich bin noch nicht ganz fertig geworden mit der 1. Fassung. Allerdings habe ich viele Erkenntnisse gewonnen, wo ich nachbessern muss, auch mithilfe meiner Mentorin. Ich bin ein gutes Stück vorangekommen. Ich muss das Projekt noch einmal gründlich überarbeiten, viel recherchieren – und natürlich die letzten 10% schreiben.

PAN: Möchtet ihr zukünftigen Stipendiat*innen etwas mit auf den Weg geben?

HCR: Es gibt weder dumme, noch zu viele, noch zu wenige Fragen. Geht einfach nach dem eigenen Gefühl und genießt die Zeit. Das Stipendium soll schließlich eine Hilfe sein und euch nicht unter Druck setzen.

SZ: Bewerbt euch, auch wenn ihr glaubt, dass euer Buch ohnehin keine Chance hat. Ich habe mit einem Projekt teilgenommen, dass ich nur für mich geschrieben hatte, und es konnte die Jury überzeugen. Ich war dem Rat, dass man einfach schreiben soll, was man will, ohne auf den Markt und die Trends zu achten, immer eher zynisch gegenüber eingestellt, aber ich bin eines Besseren belehrt worden. Egal wie ungewöhnlich oder „unverkäuflich“ euer Buch ist, es gibt da draußen Menschen, die genau auf dieses Buch gewartet haben.

SMK: Fahrt auf jeden Fall zur Übernachtung in die Phantastische Bibliothek in Wetzlar, das war eine ganz besondere Erfahrung an einem ganz besonderen Ort. Nehmt das Stipendium ernst wie einen bezahlten Job und behandelt euer Projekt auch so. Jemand hat schon einmal Geld darin investiert, also ist es auch gut. Macht euch nicht zu viel Druck, dass ihr nicht weit genug kommt. Ihr dürft alle Fragen bei den Mentor*innen stellen und jeder kleine Schritt ist ein Erfolg. Zweifelt nicht daran, ob ihr das Stipendium verdient habt oder ob ihr gut genug seid. Doch, seid ihr. Nehmt euch selbst ernst und seht es als Selbstbewusstseinsboost. Das gilt aber generell für alle Autor*innen. Wir dürfen gerne aufhören, uns unter unseren eigenen Scheffel zu stellen 😉 Vor allem auch an diejenigen, die überlegen, sich zu bewerben: Einfach machen! Einfach ausprobieren! Wenn es nicht jetzt klappt, dann irgendwann. Wenn ihr es gar nicht erst versucht, dann könnt ihr auch nicht gewinnen. Ihr wisst nie, was vielleicht einen Nerv bei der Jury trefft.

PAN: Vielen Dank für eure Antworten. Wir wünschen euch weiterhin viel Glück und Erfolg in eurem Schaffen!